KVN Pro
Gemeinsamer Notruf: Niedergelassene Ärzte, Zahnärzte und Apotheker warnen vor Versorgungsengpässen
Die Kassenärztliche Vereinigung Niedersachsen (KVN), die Kassenzahnärztliche Vereinigung Niedersachsen (KZVN) und der Landesapothekerverband Niedersachsen e.V. (LAV) haben am 19. Dezember 2023 in Hannover fünf klare Forderungen an die Regierenden in Bund und Land formuliert.
Die Kassenärztliche Vereinigung Niedersachsen (KVN), die Kassenzahnärztliche Vereinigung Niedersachsen (KZVN) und der Landesapothekerverband Niedersachsen e.V. (LAV) haben am 19. Dezember 2023 in Hannover fünf klare Forderungen an die Regierenden in Bund und Land formuliert.
- Retten Sie die Apotheken und Praxen aus den faktischen Minusrunden und sorgen Sie für eine tragfähige Finanzierung, die auch in der niedersächsischen Gesundheitsversorgung insbesondere Inflation und Kostensteigerungen unmittelbar berücksichtigt!
- Stärken Sie die Aus- und Weiterbildung! Diese muss – um medizinisch, technisch und pharmazeutisch auf dem aktuellen Stand zu sein – schwerpunktmäßig dort stattfinden, wo Fachkräfte gebraucht werden!
- Schnüren Sie das angekündigte Bürokratieabbaupaket, damit wieder die Versorgung der Patientinnen und Patienten im Vordergrund steht und nicht der „Papierkram“!
- Sorgen Sie für Gesetze, die langfristig die Lieferengpässe von Medikamenten verhindern!Digitalisierung allein löst keine bestehenden Versorgungsprobleme.
- Sorgen Sie für nutzerfreundliche und funktionstüchtige Technik sowie die entsprechende Finanzierung und belassen Sie die Datenhoheit in der Patientenversorgung in den Händen von Zahnärztinnen und Zahnärzten, Ärztinnen und Ärzten und Apothekerinnen und Apothekern!
„Wir fordern erneut ein sofortiges Umdenken der Politik. Anderenfalls ist die Zukunft der ärztlichen Versorgung der Patientinnen und Patienten ernsthaft in Gefahr. Einen zunehmenden Mangel an Ärztinnen und Ärzten gerade auf dem Land erleben wir schon heute. Die gesetzlich vorgegebene Bedarfsplanung wird den Bedürfnissen in der Bevölkerung nicht mehr gerecht. Lange Wartezeiten auf Termine und längere Anfahrtswege für die Patientinnen und Patienten sind die Folge“, sagt der KVN-Vorstandsvorsitzende Mark Barjenbruch.
Des Weiteren beklagt Barjenbruch die politischen Spargesetze, die immer mehr werdende Bürokratie und eine zum Stichtag vorgeschriebene Digitalisierung in den Praxen, die jedoch unzureichend funktioniere. „Das kann so nicht weitergehen. Es muss sich etwas ändern, vor allem im ländlichen Raum. Dramatisch ist zudem, dass knapp 40 Prozent der Medizinischen Fachangestellten über den Ausstieg aus dem Beruf nachdenken. Die ambulante Versorgung wird von der Politik nicht wahrgenommen, weil sie immer funktioniert hat.“
Jetzt habe sich die Situation geändert: „Der Fachkräftemangel ist deutlich spürbar, die Belastung der Beschäftigten und die chronische Unterfinanzierung des Sektors haben ihre Grenzen erreicht. Die Ärztinnen und Ärzte und vor allem auch ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind erschöpft und ausgebrannt, wütend und enttäuscht. Die Stimmung in den Praxen ist noch nie so angespannt gewesen“, betont der KVN-Vorsitzende.
„Wir fordern erneut ein sofortiges Umdenken der Politik. Anderenfalls ist die Zukunft der ärztlichen Versorgung der Patientinnen und Patienten ernsthaft in Gefahr."
Auch Dr. Jürgen Hadenfeldt, Vorsitzender der Kassenzahnärztlichen Vereinigung Niedersachsen, sieht die Versorgung gefährdet. „In Niedersachsen scheiden jährlich bis zu 100 Zahnärztinnen und Zahnärzte aus, nur knapp die Hälfte findet Nachfolgerinnen oder Nachfolger. Langfristig gibt es Versorgungsprobleme nicht allein in ländlichen Regionen. Das Praxissterben wird auch in den Städten ankommen“, sagt Hadenfeldt. Er fordert vor diesem Hintergrund mehr Studienplätze für Zahnmedizin und ein Umdenken in Sachen Finanzierung. Bereits 2021 sind bei der Behandlung von Parodontitis neue Leistungen ins System gekommen und von den Zahnärztinnen und Zahnärzten erbracht worden. „Die zugesicherte Finanzierung ist zum Nachteil unserer Patientinnen und Patienten nicht eingehalten worden“, erläutert Hadenfeldt. Auch die Zahnärztinnen und Zahnärzte leiden unter dem Mangel an Arzneimitteln. „Für unsere Patientinnen und Patienten gibt es viel zu wenig Antibiotika. Die Lage ist katastrophal. Es werde immer schwieriger, Patientinnen und Patienten adäquat zu versorgen. Der mit der Mangellage einhergehende Organisationsaufwand belastet die Praxen zusätzlich“, sagte der KZVN-Vorsitzende. „Zahnarztpraxen, Arztpraxen und Apotheken sind nicht nur fester Bestandteil lokaler Infrastrukturen, sie sind auch eine unverzichtbare soziale Instanz für die Bevölkerung für einen niedrigschwelligen Zugang zur Gesundheitsversorgung in Niedersachsen“, stellt Hadenfeldt fest.
Die Forderungen der Apothekerinnen und Apotheker richten sich nach Angaben von Berend Groeneveld, Vorstandsvorsitzender des Landesapothekerverbandes Niedersachsen e.V. (LAV), gegen anhaltende Missstände in der Arzneimittelversorgung und die Unterfinanzierung der öffentlichen Apotheken. „Ich kritisiere die Einsparungen der Bundesregierung zu Lasten der rund 1.700 niedersächsischen Apotheken sowie das seit zehn Jahren stagnierende Honorar bei stark gestiegenen Kosten. Zudem sind die Apotheken landesweit mit Lieferengpässen und einem hohen bürokratischen Aufwand konfrontiert. Was wir Apothekerinnen und Apotheker erreichen wollen, ist eine finanzielle Stärkung und auch weniger Bürokratie. Wenn die Politik jetzt nicht tätig wird, wird der Rückgang der Apotheken sich weiter beschleunigen. Erschwert wird das Management der Lieferengpässe durch den Personalmangel in den Apotheken. Dieser trägt neben der massiven staatlichen Unterfinanzierung der öffentlichen Apotheken erheblich zu einem fortschreitenden Sinkflug der Apotheken bei. Wir fordern daher eine Anpassung und eine Dynamisierung des Apothekenhonorars sowie dessen regelmäßige Überprüfung. Das Netz der Apotheken muss gestärkt werden. Des Weiteren ist die Erhöhung der Studienplatzkapazitäten für angehende Apothekerinnen und Apotheker und der Ausbildungsmöglichkeiten für Pharmazeutisch-technische Assistentinnen und Assistenten sowie Pharmazeutisch-kaufmännische Angestellte notwendig“, sagt Groeneveld.