KVN Pro
KVN weitet aktive Niederlassungsförderung aus
Die Nachbesetzung von Arztsitzen wird zunehmend schwieriger. Neue
Bedarfsplanungszahlen schaffen zwar mehr Niederlassungsmöglichkeiten - aber noch keine zusätzlichen Ärztinnen und Ärzte
Die Pressekonferenz im Hause der KVN-Hauptgeschäftsstelle stieß auf lebhaftes Medieninteresse.
KVN-Vorstandsvorsitzender Mark Barjenbruch - gefragter Gesprächspartner bei einem sensiblen Thema für die Öffentlichkeit.
546 Niederlassungsmöglichkeiten für Hausärzte, 118,5 für Fachärzte und sieben für Psychotherapeuten gibt es aktuell in Niedersachsen. Diese hohe Zahl ist nicht nur auf nachlassendes Interesse des ärztlichen Nachwuchses an einer Niederlassung zurückzuführen. Auch die Neuberechnung der Bedarfsplanungszahlen durch die Kassenärztliche Vereinigung Niedersachsen hat dazu beigetragen. Auf die zunehmenden Schwierigkeiten, offene Arztsitze auch zu besetzen, machte die KVN auf einer Pressekonferenz am 20. März aufmerksam.
Bei der Festlegung des Bedarfs an Ärzten und Psychotherapeuten wird neben der Zahl der Einwohner sowie deren Alter und Geschlecht die Häufigkeit der Erkrankungen innerhalb einer Bevölkerungsgruppe berücksichtigt. Aufgrund dieser Faktoren wurden die Verhältniszahl, die Anzahl der vorhandenen Ärzte und Psychotherapeuten sowie die aktuelle Einwohnerzahl in einem Planungsbereich jetzt zueinander ins Verhältnis gesetzt, um den aktuellen Stand der Versorgung zu berechnen. Die Berechnungen finden zweimal im Jahr statt.
Laut den neuen Bedarfsplanungszahlen können sich rein rechnerisch in vielen Regionen Niedersachsens Hausärztinnen und Hausärzte, insbesondere auf dem Land, niederlassen. Doch diese Zahlen zeigen nur den Bedarf. Es sind neue Zahlen für alte Probleme. „Wer glaubt, dass mit den neuen Berechnungen die flächendeckende Versorgung im ambulanten Bereich langfristig sichergestellt ist, sollte sich nicht täuschen", dämpfte der KVN-Vizevorstand Thorsten Schmidt die Erwartungen. "Durch die neuen Bedarfsplanungszahlen ergeben sich zwar rein rechnerisch 672 Niederlassungsmöglichkeiten in Niedersachsen. Dies ist aber lediglich ein Rechenmodell. Selbst mit der besten Bedarfsplanung haben wir noch keinen einzigen neuen Arzt oder Psychotherapeuten für Niedersachsen. Die Sicherstellung der ärztlichen und psychotherapeutischen Versorgung wird immer schwieriger. Langfristig werden sich Patientinnen und Patienten auf längere Anfahrtswege und längere Wartezeiten einrichten müssen."
"Der Strukturwandel macht auch vor der Ärzteschaft nicht halt", so der neue stellv. Vorstandsvorsitzende Thorsten Schmidt gegenüber der Presse.
Alle Fotos: KVN/ Köster
Versorgungsplanung en detail
Die hausärztliche Versorgung wird in 104 Planungsbereichen, die allgemeine fachärztliche Vereinigung in 43 Planungsbereichen und die spezialisierte fachärztliche Versorgung in 13 Planungsbereichen beplant.
Hausärztliche Versorgung: In der hausärztlichen Versorgung sind von 104 Planungsbereichen 20 gesperrt und 84 nicht gesperrt. Es gibt insgesamt 546 freie Sitze (alt 499,5). Nach der Anzahl der freien Sitze gibt es in den Regionen Salzgitter (22), Delmenhorst (18), Syke (17,5), Cloppenburg (14,5) und Meppen (17) den größten Bedarf.
Fachärztliche Versorgung: In der fachärztlichen Versorgung gibt es einen aktuellen Bedarf von folgenden Sitzen:
– Augenärzte von 5,5
– Chirurgen und Orthopäden von 0,5
– Frauenärzte von 3,5
– HNO-Ärzte von 6,5
– Hautärzte von 14
– Kinder- und Jugendärzte von 29,5
– Nervenärzte von 13
– Psychotherapeuten von 3,5
– Urologen von 0,5
– Anästhesisten von 0,5
– Fachinternisten von 4,5 (Rheumatologen)
– Radiologen von 0
– Kinder- und Jugendpsychiater von 4
– Physikalische Rehabilitationsmediziner von 25
– Nuklearmediziner von 1
– Laborärzte von 0
Landarztquote genügt nicht
Mark Barjenbruch, der KVN-Vorstandsvorsitzende, erneuerte die Forderung an die Landespolitik, zügig für mehr Studienplätze im Fach Humanmedizin zu sorgen. „Eine Landarztquote, wie sie jetzt in Niedersachsen eingeführt wird, ist nur ein Tropfen auf den heißen Stein. Die Quote allein genügt nicht. Wir brauchen einen Zuwachs an Studienplätzen in allen Bereichen der Humanmedizin“. Geplant gewesen seien ursprünglich 200 Studienplätze für künftige Landärzte. Die hätten sich jetzt, nach jahrelangem Zögern der Politik, auf 60 reduziert. Und dafür würden die Studienplätze in anderen Medizindisziplinen reduziert. „Wir hätten uns zusätzliche Studienplätze für Landärzte gewünscht.”
Aktive Niederlassungsförderung
Um dem Trend entgegenzuwirken, schreibt die KV Niedersachsen in 2023 Regionen für Niederlassungsförderungen aus. Für Haus- und Facharztsitze werden jeweils Zuschüsse in Höhe von bis zu 75.000 Euro an niederlassungswillige Ärztinnen und Ärzte gezahlt. Ein Großteil der Förderungen liegt bei 60.000 Euro. Je nach Bedarfslage können Umsatzgarantien für bis zu acht Quartalen hinzukommen. Bislang hat die KVN mit diesem Instrument gute Erfahrungen gemacht. Seit dem Beginn der KVN-Fördermaßnahmen im Jahr 2016 haben bis zum Jahr 2022 insgesamt 193 Praxen davon profitiert. Über 9,5 Millionen Euro sind für Zulassungen und Anstellungen in Förderregionen ausgezahlt worden.
Links:
Bedarfsplanung Hausärzte, Stand 4. Juli 2023
Bedarfsplanung, Versorgungsatlas und Arztzahlprognose 2025 für Niedersachsen
Ausschreibungen und Förderungen von Vertragsarztsitzen