KVN Pro

Applaus ist nicht genug

Die letzten Corona-Maßnahmen sind gefallen. Die Pandemie gehört offiziell der
Vergangenheit an. Doch die Politik hat vergessen, was sie der niedergelassenen
Ärzteschaft nach den letzten Jahren zu verdanken hat. Ein Nachruf

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Foto: pxhere

Am 9. April wurde die Maskenpflicht in Arztpraxen und medizinischen Einrichtungen aufgehoben. Die Covid 19-Imfpungen sind künftig Teil der Regelversorgung. Damit haben die Corona-Maßnahmen ihr offizielles Ende gefunden.

 

Deutschland ist rückblickend betrachtet glimpflich durch die Pandemie gekommen, trotz vieler Fehleinschätzungen seitens der Gremien und der Experten. Aber wenn sich etwas als zweifelsfrei richtig erwiesen hat, dann war es die – reichlich späte – Entscheidung der Politik, die Hauptlast der Corona-Abwehr den niedergelassenen Ärztinnen und Ärzten zu übertragen. Sie waren es schließlich, die die überwältigende Zahl der Corona-Infektionen feststellten, die Infizierten betreuten, die Impfungen durchführten, die Nachsorge übernahmen. Weder die kaputtgesparten Gesundheitsämter noch die improvisierten Impfteams konnten es an Kapazität und Routine mit dem eingespielten ambulanten Versorgungsapparat aufnehmen. Die Praxen und ihre unermüdlichen Teams erwiesen sich als das Bollwerk, das uns vor den teilweise apokalyptischen Szenen in anderen Ländern bewahrte.

 

Nicht dank, sondern trotz einer wahren Regelungsflut der Sozialbürokratie, die auf uns niederging, haben die Niedergelassenen die tägliche Versorgungsroutine entschlossen an die Erfordernisse angepasst, oftmals persönliche Belange hintangestellt und waren mit Ihren Praxisteams bis an die Belastungsgrenze für Ihre Patienten im Einsatz.


Die Niedergelassenen sind das Rückgrat unserer medizinischen Versorgung. Doch ihnen verweigert die Politik jetzt den Respekt.

Die Politik hat es während der Pandemie an lobenden Worten nicht fehlen lassen. Doch der Applaus von damals hilft den Praxen so wenig wie dem Personal in den Kliniken. Dort zahlte der Staat am Ende jedenfalls Zulagen und Prämien. Nur zögernd kam ein Teil davon auch bei den Praxisteams an. Viele Praxisinhaber zahlten ihren Mitarbeiterinnen aus eigener Tasche, was der Staat ihnen nicht geben wollte.

 

Jetzt ist es nicht das Virus, sondern die Inflation, die die Praxen in Bedrängnis bringt. Zehn Prozent Teuerung bei den Praxiskosten stehen gerade mal zwei Prozent Honorarzuwachs gegenüber. Aber die Gesundheitspolitik zwingt den Praxen sogar noch Sparbeiträge ab.

Sie hat sich ganz auf den stationären Sektor fokussiert. Das ist richtig, soweit sich dort immenser Reformbedarf aufgestaut hat. Aber es ist falsch, wenn die Krankenhauserfordernisse zum alleinigen Maßstab der Gesundheitspolitik werden. Neunzig Prozent aller Behandlungen erfolgen im ambulanten Sektor. Die Niedergelassenen sind das Rückgrat unserer medizinischen Versorgung. Doch ihnen verweigert die Politik jetzt den Respekt.

 

Kein Wunder, wenn die Niederlassung immer mehr an Attraktivität verliert. Keine KV kommt mit Werbeanzeigen und Niederlassungsprämien gegen die verheerenden Signale aus der Politik an. Machen wir uns nichts vor. Wir wissen nicht, wann die nächste Pandemie uns heimsucht. Dass sie kommt, gilt unter Experten als sicher. Sicher ist auch, dass es dann wieder die Praxen sein werden, die sich ihr mit aller Kraft entgegenstellen werden. Wieviele Praxen es dann noch gibt, steht auf einem anderen Blatt.