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Neues Ärztehaus in Gifhorn bereits voll belegt

Im August 2023 eröffnete Dr. Klaus-Achim Ehlers nach vier Jahren Bauzeit sein bereits zweites Ärztehaus in Gifhorn. Alle Räume sind durch Akteure des Gesundheitswesens bereits belegt, darunter vier Arztpraxen. Patientinnen und Patienten finden nun vor Ort ein Frauengesundheitszentrum, eine kinderärztliche und eine hausärztliche Gemeinschaftspraxis, ein orthopädisches MVZ sowie ein MVZ mit Fachärzten für Psychiatrie und Neurologie.

 

Der Gifhorner Bürgermeister Matthias Nerlich gratulierte Ehlers zur Eröffnung und betonte die Kraftanstrengung, die es brauche um, in krisengeschüttelten Zeiten ein Ärztehaus mit einem Volumen von 7,6 Millionen Euro zu planen und zu bauen. Es erfordere Mut und den Willen, den freiberuflich tätigen Ärzten aus Überzeugung eine neue, zeitgemäße Praxisheimat zu bieten. „Wir freuen uns, dass die Kooperation im Gesundheitswesen in der Stadt Gifhorn durch das attraktive Projekt zeitgemäße Arbeitsbedingungen und Praxisstrukturen an einem Ort verbindet“, so Bürgermeister Nerlich. Ehlers sei der Motor gewesen, der mit viel Sachverstand, kollegialem Fingerspitzengefühl und seiner warmherzigen Art weitere Ärztinnen und Ärzte überzeugte, sich dem Projekt anzuschließen.

 

Nach einem Rundgang durch das Ärztehaus wünschte der Bezirksausschussvorsitzende Dr. Thorsten Kleinschmidt den Praxisteams viel Erfolg beim Start am neuen Standort und zeigte sich beeindruckt von den attraktiven Räumlichkeiten. Sein Fazit: Im Sinne der Stabilisierung der ärztlichen Versorgung in Gifhorn sei das neue Ärztehaus ein nachhaltiger Baustein.

 

 

 

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Dr. Klaus-Achim Ehlers, Kreisstellenvorsitzender Gifhorn (links).

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Dr. Klaus-Achim Ehlers und Dr. Thorsten Kleinschmidt (rechts), Bezirkausschussvorsitzender KVN Bezirksstelle Braunschweig.

„Ich gebe Starthilfe“


Hausarzt Dr. Klaus-Achim Ehlers über seine Erfahrungen bei der Organisation eines neuen Ärztehauses, die Unterstützung der Politik und was die Work-Life-Balance mit dem Erfolg zu tun hat

 

Herr Dr. Ehlers, im Sommer 2023 haben Sie in Gifhorn Ihr zweites Ärztehaus eingeweiht. Schwimmen Sie damit gegen den Strom?

Ein Bisschen schon. Eigentlich ist es ja schon mein drittes Ärztehaus. Das erste, in dem ich auch meine eigene Praxis habe, eröffnete 2008, das zweite kam 2017 hinzu. 2019 haben wir erste Gespräche für das nun im Sommer 2023 fertiggestellte Objekt geführt, am 1. August ging es in Betrieb. Ohne Corona wäre es vermutlich etwas schneller gegangen.

 

Die Einzelpraxis hat keine Zukunft?

In meinen Augen nicht. Die Kolleginnen und Kollegen möchten nicht mehr allein tätig sein. Sie suchen ein gemeinsames Haus, eine Gemeinschaft, in der miteinander kommuniziert wird.

 

Wie kam es zu Ihrer Initiative?

Ich bin der Organisator, ich gebe den Kolleginnen und Kollegen Starthilfe. Ich spreche die Beteiligten an und schlage vor, ein gemeinsames Haus zu bauen – manchmal werde aber auch ich angesprochen, ob ich nicht Räumlichkeiten habe. Mit der Idee bin ich auf die Stadt zugegangen und die Reaktionen waren sehr positiv. Die Stadt hat sich sehr beweglich gezeigt, gerade auch was die Lage des Grundstücks und dessen Preis angehen.

 

Es gab demnach keinen externen Investor.

Richtig. Ich versuche immer zunächst vier Kollegen zusammenzukriegen und sie dann zu motivieren, selbst zu investieren. Neben diesen Einlagen wird der Rest über die Bank finanziert. Oft beteiligen wir auch eine Apotheke oder Physiotherapeuten. Die Kolleginnen und Kollegen finden sich zusammen und planen auch den Bau des Hauses gemeinsam.

 

Wo finden Sie die Ärztinnen und Ärzte? Vor Ort in Gifhorn oder kommen die Beteiligten von außerhalb?

Alle Beteiligten kommen aus Gifhorn. Ein Hausarzt beispielsweise hatte am Rande von Gifhorn Räumlichkeiten aus den 1970er-Jahren. Absolut nicht mehr zeitgemäß. Der konnte nun in eine moderne Praxis einziehen.

 

Gehen die jungen Ärzte nicht lieber in die größeren Städte?

Natürlich ist das zum Teil so. Mann muss aber auch sagen, die Weiterbildungsassistenten gegen lieber in eine große als in eine kleine Praxis. Die jungen Kollegen kommen grundsätzlich mit einer anderen Vorstellung von Work-Life-Balance, sie wollen mehr Freizeit, das ist nicht mehr wie früher. Die Einzelpraxis hat daher keine Zukunft, in größeren Einheiten kann man sich untereinander viel besser unterstützen. Wir hatten jedenfalls keine Probleme, Interessierte für das Haus zu finden.

 

Obwohl Sie in einen eher strukturschwachen Bereich investieren?

Die Ärzte werden doch gebraucht – und zwar vor Ort. Ich bin kein Immobilienfritze, es ist eher Idealismus. Wie gesagt, die Gemeinde unterstützt uns sehr bei den Projekten. Sie ist natürlich ebenso wie ich daran interessiert, die Versorgung zu sichern. Wir haben sogar schon das nächste Objekt vor Augen. Wiederum in Gifhorn. Aber auch auf dem Land führen wir zwei Praxen zusammen, eine große Hausarzt- und eine Zahnarztpraxis. Hinzu kommt eine Apotheke.

 

Kann man festhalten, dass die Praxen größer werden und auch mehr Ärzte angestellt arbeiten?

Ja, das ist richtig. Es gibt viele, die wollen sich auch nicht selbstständig machen. Gerade junge Fachärzte sind oft noch nicht soweit. Allerdings schwirren da auch viele falsche Vorstellungen von Regressen und ähnlichem herum. Das Damoklesschwert der Niederlassung hängt bei manchen vielleicht zu tief.

 

Stellt ein Ärztehaus demnach einen sicheren Rahmen für junge Kollegen dar?

Genau. Wir führen sie zunächst in die ambulante Versorgung ein und später gehen sie über in die Selbstständigkeit. Mir ist gerade deswegen auch wichtig, dass die Projekte nachhaltig funktionieren.

 

Können Sie das erläutern?

In Gifhorn gab es zwei Gesundheitszentren, vor 30 Jahren von einem englischen Investor gebaut, in die nicht mehr investiert wurde. Daran sind die Häuser zerbrochen. Die Ärzte wollen aber ja langfristig ihre Praxen erhalten. Der Standort muss über die Jahre also attraktiv bleiben. Für zeitgemäße Räume eine Nachfolge zu finden, ist zudem viel wahrscheinlicher. So sichern wir die Versorgung langfristig.