KVN Pro

Unsere Forderung teilweise erfüllt:
Abschaffung der Honorarbudgets!

Ärzteschaft appelliert an die Politik: Beenden sie die Budgetierung für alle Versorgungsbereiche, damit die Praxen endlich für alle Leistungen bezahlt werden, die sie tagtäglich erbringen!

Am 9. Januar 2024 hat sich Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach auf einem sogenannten Krisengipfel mit Vertretern des ambulanten Versorgungsbereichs getroffen. Auf diesem Gipfel haben sich die Vertreter auf ein Maßnahmenpaket verständigt, das allerdings noch in einen gesetzlichen Rahmen gegossen werden muss.

 

Aus Sicht der Kassenärztlichen Vereinigung Niedersachsen (KVN) enthält das Paket für die hausärztliche Versorgung zielführende und perspektivisch ausbaubare Maßnahmen. Neben der bereits im Koalitionsvertrag angekündigten Entbudgetierung der Honorare stehen dafür auch strukturelle Veränderungen, die mit Blick auf die sinnvolle Reduzierung von Fallzahlen und die wirtschaftliche Ausstattung der Praxen in die richtige Richtung gehen.

 

Die KVN drängt allerdings weiter auf Maßnahmen zur Entlastung aller Praxen. Die Entbudgetierung der hausärztlichen Leistungen ist ein Schritt in die richtige Richtung. Sie kann aber nur der Anfang sein. Eine zukunftsfeste Lösung muss alle ärztlichen und psychotherapeutischen Praxen umfassen. Daher hält die KVN wie auch die KBV an den sieben Forderungen fest, die im August 2023 auf der KBV-Vertreterversammlung beschlossen worden sind.

 

Die vom Minister auf einer Pressekonferenz vorgestellten Maßnahmen können erst genau bewerten werden, wenn die Details vorliegen. Noch ist vieles unverbindlich und offen.

 

Die Entbudgetierung im hausärztlichen Versorgungsbereich soll nach ähnlicher Systematik wie für die Kinder- und Jugendärzte erfolgen. Reicht das bereitgestellte Geld nicht aus, um alle Leistungen zu vergüten, müssen die Krankenkassen Ausgleichszahlungen leisten.

 

Neben der Entbudgetierung will Lauterbach per Gesetz eine sogenannte Vorhaltepauschale einführen. Hausarztpraxen, die viele Patienten behandeln und Hausbesuche durchführen, sollen die Pauschale für das Vorhalten der angebotenen Leistungen erhalten.

 

Für die Versorgung von chronisch kranken Erwachsenen soll es Lauterbach zufolge eine jahresbezogene Versorgungspauschale geben. Hausärzte sollen diese je Versicherten einmal jährlich beim ersten Arzt-Patienten-Kontakt abrechnen können, unabhängig von der Anzahl weiterer Kontakte. „Wir verabschieden uns damit von der Quartalssystematik“, betonte der Minister. Dadurch würden unnötige Arztbesuche von chronisch Kranken vermieden. Konsultationen könnten öfter telefonisch erfolgen, zum Beispiel, wenn Patienten ein Rezept oder eine Krankschreibung benötigten. Die Maßnahmen sollen mit dem Versorgungsgesetz I so schnell wie möglich umgesetzt werden.

 

Weniger Arzneimittelregresse

Bewegung gibt es bei den Arzneimittelregressen, auf die Lauterbach zufolge „fast vollständig verzichtet“ werden soll. Eine Bagatellgrenze solle dazu führen, dass rund 80 Prozent der Regressfälle entfielen, sagte er. Dies würde vor allem zu mehr Verordnungssicherheit bei medizinisch gebotenen Off-label-use-Verordnungen führen, indem die Krankenkassen eine aus ihrer Sicht gleichwertige und wirtschaftlichere Verordnungsalternative benennen müssten. Ein kompletter Wegfall der Regresse – so wie von der KVN seit Jahren gefordert – wird nicht realisiert.

PraxenKollaps Aktionslabel CMYK

Zero Pay Day

Die Entbudgetierung im hausärztlichen Versorgungsbereich ist ein Teilerfolg. Erst am 18. November 2023 hatte die KVN für die rund 14.800 niedergelassenen Ärztinnen und Ärzte in Niedersachsen den sogenannten Zero Pay Day ausgerufen. Ab diesem Tag bekommen die KVN-Mitglieder statistisch betrachtet kein Geld mehr für die meisten Behandlungen gesetzlich krankenversicherter Patientinnen und Patienten. Das bedeutet: Im Durchschnitt werden den Praxen zehn Prozent ihrer erbrachten Leistungen nicht vergütet.

 

„Viele Ärztinnen und Ärzte geben ihren Patientinnen und Patienten Termine auch dann noch, wenn ihr Budget bereits ausgeschöpft ist, sie also keine Vergütung für diese Behandlung mehr erwarten können. Gerade angesichts der politischen Forderung nach kürzeren Wartezeiten hat die KVN mit der Berechnung einen markanten Kontrapunkt gesetzt. Wir fokussieren damit auf die von den Ärztinnen und Ärzten erbrachten Leistungen, nicht auf die im Prinzip unerfüllbaren Leistungsversprechen der Politik“, so Thorsten Schmidt, stellvertretender KVN-Vorsitzender.

 

Geschichte der Honorarbudgets

Die vor 30 Jahren mit dem Gesundheitsstrukturgesetz gesetzlich verankerte Budgetierung ärztlicher Behandlungen zeigte in den vergangenen Jahren zunehmend ihre Folgen. Das vertragsärztliche System ist ausgezehrt. Jährlich werden dem System in Niedersachsen etwa 200 Millionen Euro durch die Budgetierung vorenthalten. Es ist der Verdienst der Vertragsärztinnen und Vertragsärzte, Vertragspsychotherapeutinnen und Vertragspsychotherapeuten, dass durch ihr persönliches Engagement für die Patientinnen und Patienten das System noch nicht kaputtgespart wurde. Zusammengefasst ist die Budgetierung leistungsfeindlich für die Patientenversorgung und ihre Abschaffung ist überfällig. Die jetzt angekündigte Aufhebung der Budgetgrenzen ist ein Teilerfolg.